Daheim in Österreich gehe ich auf die Toilette, spüle hinunter und damit ist die „Sache“ für mich erledigt. Hier beschäftigten wir Volontäre uns schon seit Beginn des Basic- Sanitation – Projects genau mit dem Aufbau und der Funktionsweise der Latrinensysteme, was ich äußerst spannend fand, uns aber auch etwas Kopfzerbrechen bereitete. Denn das Abwasser aus den hier gebauten Latrinensystemen kann nach entsprechender Aufbereitung als Düngemittel verwendet werden, grundsätzlich ja eine tolle Sache, da dadurch der Gebrauch von chemischen Düngemitteln reduziert oder sogar gänzlich darauf verzichtet werden kann. Dieses Abwasser ist allerdings aufgrund der Anordnung der Tanks mit Fäkalien vermischt und dadurch nicht pathogenfrei, wodurch eine Ansteckung durch infizierte Fäkalien nicht ausgeschlossen werden kann. In der Community wurde daraufhin viel recherchiert und diskutiert und dann gemeinsam mit Mr. Long Lypo beschlossen, dass Laboranalysen durchgeführt werden um Gewissheit zu bekommen. Wir entnahmen zwei Proben mit Abwasser aus einem Tank und setzten sie für drei Wochen der direkten Sonne aus, da die UV- Strahlung lt. den Recherchen die Pathogenität um einiges reduzieren könnte. Eine dieser Proben versetzen wir zusätzlich mit den Blüten des Niembaumes (Azadirachta indicia), welchem eine antibakterielle Wirkung nachgesagt wird. Die dritte Probe entnahmen wir noch am Tag der Probenabgabe, also frisches Abwasser. Das Ergebnis überraschte uns sehr positiv. Die Proben die wir für drei Wochen der Sonne aussetzten wiesen deutlich weniger Pathogenität auf als das frische Abwasser. Ein Unterschied zu der mit den Blüten versetzten Probe konnte allerdings nicht festgestellt werden.
Da technische Belange wie die Entnahme des Düngers und die Funktionsweise der Toiletten nicht unbedingt zu Magdalenas und meinem Spezialgebiet zählen, war die Aufklärung der Familien in diesen Bereichen – nach der Fertigstellung der Toiletten – Lypo vorbehalten. Magdalena und ich legten den Schwerpunkt der nun anstehenden Aufklärungsarbeit auf die Hygiene im Zusammenhang mit Toiletten.
Auch das Entwickeln eines Aufklärungskonzeptes gestaltete sich anfangs eher schwierig für uns, da wir keine Informationen zum Bildungsstand der Familien hatten und wir sehr unsicher waren, was die Reaktionen auf die oftmals sehr schamhaft besetzten Themen rund um die Ausscheidung betrifft. Auf jeden Fall wurde uns schnell bewusst, dass es hier besondere Berücksichtigung interkultureller Aspekte wie Traditionen und Umgang mit Scham bedarf. Viele arbeitsintensive Stunden später und hilfreichen Tipps und Inputs der einheimischen Mitarbeiter hier und der GTO (German Toilet Organisation) können wir zufrieden sein mit dem Resultat. Am Montag ging es dann auch schon für uns in die rurale Gegend im Bereich der Green School (etwas außerhalb von Stung Treng), wo uns bereits über 40 erwartungsvolle KambodschanerInnen willkommen hießen. Gerechnet hatten wir, Lypo eingeschlossen, mit 15 Personen. Die paar organisatorischen Schwierigkeiten die sich aus der unerwarteten Vielzahl an TeilnehmerInnen ergab, wurden schnell gelöst, die Freude umso größer, dass so viele KambodschanerInnen der Einladung gefolgt sind. Auch am Donnerstag konnten wir wieder über 20 Erwachsene sowie viele Kinder zählen. Die anfängliche Nervosität unsererseits war auch schnell verfolgen, da Lypo gleich zu Beginn seinen kambodschanischen „Schmäh“ auspackte, was den Einstieg in die Thematik in keinster Weise „peinlich“ wirken lies.
Zu Beginn versuchten wir mittels einfachen Symbolen aufzuzeigen, wie Übertragungswege von Bakterien aussehen und vor allem wie diese durch einfache Maßnahmen verhindert werden können. Die Zusammenhänge zwischen kontaminierten Lebensmittel aufgrund durchgeführter „Feldtoilette“ (Übertragung durch Hände, Fliegen, etc.) wurden mittels eigenem Plakat gesondert hervorgehoben.
Durchfall ist weiterhin eine der Hauptursachen für den Tod von Kindern unter fünf Jahren in Entwicklungsländern. Die WHO schätzt, dass Kinder fünf Mal jährlich an Durchfall erkranken und dass 800.000 Kinder pro Jahr an Durchfall oder an der Dehydratation (Austrocknung), die durch den Durchfall verursacht wird, sterben. Aufgrund dieser erschreckenden Datenlage legten wir den Schwerpunkt unseres Aufklärungskonzeptes auf fäkal- oral übertragbare Krankheiten und Durchfall. So wurde anhand einfacher Darstellung des menschlichen Verdauungstraktes gezeigt, was Durchfall im menschlichen Körper verursacht, um dann darauf hinweisen zu können wie wichtig es ist, in der Phase des akuten Durchfalles viel zu trinken und den Elektrolytverlust auszugleichen. Dazu zeigten wir verschiedenste Maßnahmen vor, wie beispielsweise ein einfaches Zucker- Salz- Gemisch für den Elektrolytverlust. Vor allem aber versuchten wir den KambodschanerInnen einfache hygienische Maßnahmen um Durchfall vorzubeugen mit auf den Weg zu geben. Als kleines Dankeschön schenkten wir zum Abschluss jeder Familie eine Seife mit der kleinen Bitte, diese in ihren neuen Toiletten auch zu verwenden.
Die Aufklärungsarbeit machte nicht nur riesen Spaß, auch das Beisammensitzen und der Dialog mit der einheimischen Bevölkerung war für uns unheimlich bereichernd. Als zusätzliches „Zuckerl“ obendrauf wurden wir noch von einer Familie in ihre Hütte zum Mittagessen eingeladen, ein Genuss in jeder Hinsicht!