In Kambodscha gibt es nicht nur eine Regen- und eine Trockenzeit, nein es gibt auch noch eine dritte Jahreszeit und das ist die Heiratszeit. Zu dieser Zeit (ca. Feb. bis Anfang April) finden fanden fast täglich Hochzeiten in und um Stung Treng statt. Eigentlich kein Problem, wäre da nicht die Musik, die ab ca. halb fünf in der Früh am Hochzeitstag gestartet wird. Und man darf sich da jetzt keine schöne, ruhige Hintergrundmusik vorstellen. Nein, wenn in Kambodscha auf einer Veranstaltung Musik gespielt wird, dann nicht für die Menschen die diesem Event beiwohnen, sondern für alle anderen die nicht da sind! Es werden also extrem viele Boxen besorgt und dann wird die Musik mit voller Lautstärke abgespielt, sodass man sich nicht mal mehr unterhalten kann, ohne zu schreien. Diese kambodschanische Eigenheit hat uns zur Heiratssaison doch die ein oder andere Stunde Schlaf gekostet.
Umso schöner ist es dann, wenn man von einer Hochzeit nicht nur aus dem Schlaf gerissen wird, sondern wenn man auch daran teilnehmen darf. Dies war am 26. März der Fall, als die Schwester einer Lehrerkollegin geheiratet hat. Grundsätzlich ist der kambodschanische Hochzeitstag zweigeteilt. Es gibt zunächst den „privaten“ Teil, zu den man die Verwandtschaft, enge Freunde, Nachbarn einlädt. Dieser Teil beginnt in der Früh und geht bis in den frühen Nachmittag und findet im und ums Elternhaus der Braut statt. Am Abend ist dann die öffentliche Feier, zu der man alle Leute einlädt, die man kennt (vor allem um sich die Hochzeit zu finanzieren!). Dieser Teil startet so gegen 19 Uhr und geht entweder bis 22:00 (falls man in einer der mietbaren Hochzeitsplätze feiert), oder bis ca. Mitternacht (falls man zuhause feiert und dafür einfach die ganze Straße absperrt).
Ich durfte am 26. März der ganzen Hochzeit beiwohnen und konnte somit die Komplexität einer kambodschanischen Hochzeit aus nächste Nähe sehen. Es beginnt alles noch ganz harmlos mit einer Prozession vom Haus des Bräutigams zum Haus der Braut (falls der Bräutigam zu weit weg wohnt kann man auch einfach 100m vorm Brauthaus starten). Alle Gäste stellen sich in einer Reihe auf und wandern gemeinsam mit dem Brautpaar ein paar Schritte und bringen Früchte und Süßigkeiten mit. Die „Geschenke“ werden aber vorher sorgsam ausgeteilt und strategisch in der Prozession platziert, sodass nicht 2 gleiche Fruchtteller nebeneinander gehen. Danach bekam man vom Brautpaar noch einen Umschlag mit Geld überreicht (600 Riel also ca. 50 Cent) und es gab ein herrliches Frühstück. Zu dieser Zeit war das Brautpaar in lila gekleidet und es wurden die ersten Fotos und Videos gemacht.
Nach dem Frühstück beginnt dann die Zeremonie im Haus der Eltern – zunächst einmal ohne das Brautpaar! Dieser Umstand scheint aber keinen zu stören und es werden stattdessen die Eltern der Braut und des Bräutigams gefeiert und beweihräuchert. Die Abwesenheit des Brautpaars ist leicht zu erklären – sie müssen sich nämlich noch umziehen, neu Schminken und sich eine neue Frisur machen lassen. Das alles braucht natürlich seine Zeit – und es ist nicht das letzte Mal an diesem Tag!
Ohne dem Jubelpaar wird also derweil gebetet, getanzt, gesungen und es werden eine Unzahl anderer Rituale vollzogen. Nach vollzogener Umziehpause kehren auch die Heiratswilligen zurück und das Ganze wird in ähnlicher Form nochmals durchgeführt. Die ganze Prozedur dauert einige Stunden, jedoch ist es ganz normal und überhaupt nicht unhöflich, wenn man immer wieder geht und kommt. Selbst die engsten Verwandten (Schwester, Bruder etc.) sind nicht während der ganzen Zeremonie anwesend, sondern gönnen sich auch zwischendurch einmal eine kurze Pause in der Hängematte. Nach dieser Zeremonie, die im inneren des Hauses stattfindet und in der unter anderem ein Schwert, Geld, rote Fäden, Regenschirme und jede Menge Obst verwendet eine Rolle spielen, geht es wieder hinaus vor das Haus. Natürlich nicht ohne dass sich das Brautpaar vorher noch in neue Kleider wirft! Am neuen Standort wird wiederum gesungen und gebetet und es werden dem Brautpaar die Haare geschnitten. Danach werden noch reichlich Fotos gemacht und so endet der offizielle Teil der Hochzeit. Für alle die so lange ausgehalten haben gibt’s dann auch noch ein sehr reichhaltiges Mittagessen.
Grundsätzlich gefällt mir der Gedanke sehr gut, seine Hochzeit zuhause zu feiern auch war es interessant zu sehen, dass kein Priester oder Mönch während der ganzen Hochzeit anwesend war. Es gibt eigentlich nur einen Zeremonienmeister, der aber eher darauf achtet, dass alles nach Protokoll abläuft. Dies ist aber gar nicht so einfach bei der Vielzahl an unterschiedlichen Ritualen.
Am Abend fand dann die Party statt und wie eingangs erwähnt ist sie auch wichtig für die Refinanzierung der Hochzeit. Jeder Hochzeitsgast bekommt mit der Einladung auch einen kleinen Umschlag mitgeliefert. In diesen Umschlag steckt man dann 15$ (letztes Jahr waren es noch 10$!) und schreibt seinen Namen darauf. Beim Verlassen der Hochzeitsparty gibt man dann den Umschlag ab. Dieser wird dann sofort geöffnet und in einer Liste wird eingetragen wer wieviel gezahlt hat. Dies mag im ersten Moment etwas befremdlich anmuten, jedoch ist es wirklich wichtig, dass jeder zahlt, ansonsten kann sich keiner mehr das Heiraten leisten.
Die Party selber ist dann eher weniger spektakulär. Zunächst gibt es ein echt geiles Essen mit ca. 10 verschiedenen Gerichten. Das ist auch schon das Highlight des ganzen Festes. Ein Großteil der Gäste verlässt auch das Fest wieder nach dem Essen. Danach wird noch ein bisschen getanzt (zunächst Linedance danach klassischer kambodschanischer Kreistanz – beides nicht wirklich aufregend!) und getrunken. Es spielt auch eine Liveband, die keiner beachtet und die nie Applaus bekommt. Und gegen halb 11 ist dann auch der ganze Spaß schon wieder vorbei.
Ich persönlich habe diesen Tag sehr genossen, auch wenn ich mir von der Party ein wenig mehr erwartet habe. Es war schön wieder etwas tiefer in die kambodschanische Kultur einzutauchen und ihre Bräuche und Riten kennen zu lernen. Und so ein Tag voller kulinarischer Spezialitäten ist immer ein besonderer für mich.