09.04.16 -Stefanie- „Stung Treng market is on fire!“

„Stung Treng market is on fire!!!! Apocalyptic scenes there!”

Ich lag schon im Bett als uns um kurz vor 23 Uhr diese Nachricht unseres Freundes aus Großbritannien, der in der Stadtmitte wohnt, erreichte – mitsamt einem Video in der er die Schreckensszenen vor Ort filmte. Unserem Mitbewohner Samath dürfte kurz vor uns diese Meldung erreicht haben, denn wir hörten nur noch sein Moped wegbrausen. Obwohl sich das Volontärhaus ca. 3 km außerhalb der Stadt befindet, konnte man das riesige Feuer deutlich sehen. Kurz diskutierten wir, ob auch wir zum Unglücksort fahren sollten um vielleicht doch irgendwie helfen zu können, entschieden uns dann aber dagegen, da im Video Massenpanik deutlich hörbar war und man ohne perfekte Khmer- Kenntnisse wohl eher im Weg stehen würde. Und Schaulustige gab es bestimmt zur Genüge.

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Am Morgen machten wir uns dann auf den Weg in die Stadt und obwohl es in Facebook von schrecklichen Videos und Fotos nur so wimmelte, waren wir auf diesen Anblick nicht vorbereitet. Eine Zerstörung in diesem Ausmaß habe ich noch nie zuvor gesehen.

 

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Von unserem Lieblingsplatz, wo wir vor zwei Tagen noch gemütlich eine Nudelsuppe mit süßem Eiskaffee zum Frühstück schlemmten und das Gewusel und bunte Markttreiben beobachteten, war nichts mehr übrig. Der gesamte Markt wurde dem Erdboden gleichgemacht.

Vereinzelt versuchten die Menschen noch etwas ihres Hab und Gutes in den Trümmern zu retten. Uns wurde bewusst, dass die vielen MarktverkäuferInnen großteils ihre gesamte Existenzgrundlage in dieser Nacht verloren haben.

Wieder Zuhause versuchten auch wir eine Antwort auf die vielen Fragezeichen zu bekommen. Samath konnte man seine Erschöpfung deutlich ansehen. Er hat bis halb 3 Uhr morgens versucht, Besitztümer aus dem Shop seiner Tante zu retten. Er erzählte uns wie er die Dinge einschätze, denn aus offizieller Sicht heißt es, die Brandursache sei ein Elektrizitätsunfall gewesen. Obwohl man die Stromversorgung am Markt alles andere als sicher einschätzen würde, ist es doch höchst suspekt, dass an drei verschieden Stellen gleichzeitig das Feuer ausbricht, zudem wird abends die gesamte Elektrizität am Markt ausgeschaltet. Das Feuer brach um ca. 22 Uhr aus, doch die Feuerwehr kam erst zwei (!) Stunden später und versuchte allerdings nicht das Feuer zu löschen, sondern die umliegenden Gebäude vor eventuellem Funkenflug zu schützen. Samath erzählte uns, dass die Regierung schon seit längerem versucht, den Markt zu erneuern, da der alte Markt nicht mehr in das aufstrebende Stadtbild passen würde,- die MarktverkäuferInnen allerdings an ihrem Markt hängen und nicht umsiedeln wollen. Laut Samath und Long Lypo hat die Regierung diese „Angelegenheit“ nicht zum ersten Mal so gelöst, nach dem Protest der MarktverkäuferInnen zu den Sanierungsplänen der traditionellen Märkte der Regierung in drei anderen Provinzstädten gab es Brände unter ähnlich dubiosen Umständen.

Das Ausmaß des finanziellen Schadens für die Betroffenen – neben dem großen Sachschaden – wurde uns noch deutlicher, als uns Long Lypo erklärte, dass sich viele Marktbesitzer Geld von der Bank geliehen haben um ihre Stände aufbauen zu können. Nun haben sie Schulden für einen Marktstand der nicht mehr existiert und keine Möglichkeit mehr, diese Schulden abzubezahlen.

Es ist uns einfach unbegreiflich, wie die eigene Regierung die eigenen Landsleute auf diese Weise hintergehen und berauben kann und obendrein viele Menschenleben aufs Spiel setzt! Unfassbar!
Es grenzt an ein Wunder, dass bei diesem Großbrand niemand ernsthaft verletzt wurde.

Childrenplanet 2014